Kerstin Schlüter

Friedrich Wilhelm Meyer

Malen aus innerer Notwendigkeit
Zur Situation deutscher Maler der Nachkriegszeit
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Unsere Vorstellung von der Malerei des 20. Jahrhunderts muß revidiert werden.
(Rainer Zimmermann, 1994)

Die Revision findet statt, zwar nach wie vor zögerlich, doch schließt sich langsam die Lücke innerhalb der deutschen Kunstgeschichte, die jene Künstler umfasst, die zwischen 1890 und 1905 geboren, gleich mehrfach von der "Weltgeschichte" überrollt wurden. Die Rede ist von den Malern, die als Ausnahme "keinem Stilbereich" zuzuordnen waren und deshalb innerhalb der Kunstgeschichte und -kritik unberücksichtigt blieben. Bislang als "Einzelgänger" bezeichnet, fasst Rainer Zimmermann diese Maler innerhalb einer Strömung zusammen, die er als "Expressiven Realismus" bezeichnet und dabei mehrere "künstlerische Gruppierungen" unterscheidet.

Als Hauptmerkmal dieser Strömung beschreibt er die "malerische ,Auslöschung' des Gegenstandes [...] als darstellerische Methode, um den Raum und das Erlebnis der Existenz zum eigentlichen 'Gegenstand' zu machen. Der dabei unentbehrliche Gegenstand verliert seine banale Isolierung, er überlebt sozusagen nur als Metapher, als ein Widerstand, der - in einem von ihm dadurch anschaulich gemachten Lebensraum - das Licht der Farbe verwandelt."

Wesentlich in diesem Zusammenhang ist, dass es sich bei dieser Kunst nicht um eine Wiederholung vergangener Stile handelt, d.h. sie ist weder "nachexpressionistisch" noch "spätimpressionistisch", sondern wirklich neu - inhaltlich "aktuell" und formal "modern". Ausgehend von den gewonnenen Freiheiten der Kunst der 20er Jahre entwickelt sich eine neue "realistische" Kunst, die eine "existenzielle" künstlerische Antwort auf die drängenden Fragen des menschlichen Daseins sucht.

Nicht das ästhetische Empfinden, sondern die Betonung des "Erlebnisses" und eine rigorose Suche nach Wahrheit als unmittelbarem Ausgangspunkt der künstlerischen Darstellunq, zeichnet diese Kunst aus. "Der weite Boqen [ihrer] Erscheinungsformen reicht von der leisen Poetisierung der Wirklichkeit über die leidenschaftliche Durchdringung von Ich und Welt bis zu einer das Gegenständliche fast auslöschenden malerischen Abstraktion."

Die Bewertung der deutschen Malerei als einer nach 1945 einsetzenden kontinuierlichen Entwicklung hin zur Abstraktion, kann in ihrer eindimensionalen Sicht nicht mehr kritiklos hingenommen werden. Nicht die Interpretation und Einordnung abstrakter Tendenzen innerhalb der Kunstgeschichte sind zu beanstanden, sondern ihre Bewertung als alleingültige Stilrichtung. Verlässt man die Sicherheit der "Ismen" und "Stile" und lässt sich auf den riskanten Versuch ein, "Alternativen ernst zu nehmen, geht also von der Annahme aus, dass die dominierende Kunstrichtung nicht so sehr den Weg des Weltgeistes als die Einflüsse der herrschenden Mächte einer Zeit anzeigt"4, erkennt man die Vielfalt des Nebeneinanders unterschiedlichster, ja widersprüchlichster malerischer Äußerungen, die zur Auseinandersetzung zwingen.

Friedrich Wilhelm Meyer, am 8. Juli 1900 geboren, gehört zu jener Generation, die Zimmermann als die "verschollene Generation" bezeichnet. Als 17jähriger im 1. Weltkrieg und in russischer Kriegsgefangenschaft geraten, konnte er seine Ausbildung erst spät beginnen. 1923 war er Meisterschüler bei Vincenz Cissarz an der Städelschule in Frankfurt. 1928, ein Jahr vor Abschluß der Schule, ist er für kurze Zeit Schüler Max Beckmanns, der ihn sowohl künstlerisch als auch geistig prägen sollte.

Während der nationalsozialistischen Diktatur war Meyer vielfältigen Repressalien ausgesetzt, weil er sich weigerte, in die Partei einzutreten und Kriegsdienst zu leisten. Seine sozialistische Gesinnung blieb kein Geheimnis - Meyer stand kommunistischen Gruppierungen nahe, ohne der Kommunistischen Partei selbst beigetreten zu sein. Seine Bilder wurden beschlagnahmt, er selbst galt als "entartet". Die Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle, die nicht von den Nazis vernichtet wurden, fielen den Bombenangriffen auf Frankfurt zum Opfer, so dass heute nur noch Reste des Frühwerks vorhanden sind.

Während seiner viermaligen Verhaftungen wurde er schwer misshandelt und zu Zwangsarbeit verurteilt. Seine beiden Kinder starben 1939 (ein- und zweijährig) unter nicht geklärten Umständen in einer Frankfurter Klinik. 1942 zog er sich mit seiner Frau Aenne in den Schwarzwald zurück, ging in die "innere Emigration" und blieb bis Kriegsende unbehelligt. Nach dem Krieg blieb die Situation für ihn schwierig. Wiederaufbau und Währungsreform, Rüstungswettlauf und Kalter Krieg spiegeln die nicht genutzten Chancen, nach 1945 einen humaneren Weg der Gesellschaften und Völker miteinander zu versuchen. War Meyer zwischen 1929 und 1933 politisch noch aktiv, engagierte er sich nach Kriegsende nicht mehr gegen den Rüstungswahn der Großmächte, sondern konzentrierte seine ganze Kraft auf das Malen.

Malen bedeutete ihm ein Mittel des Widerstehens gegen das Unrecht - auch und besonders nach der Befreiung. Bis zu seinem Lebensende sollte ihn das erlebte Grauen nicht loslassen. Immer wieder setzte er sich künstlerisch mit Gewalt und Terror auseinander. Die Kunst diente ihm jedoch nicht zur Bewältigung des Erlebten. Aus der eigenen Erfahrung erwuchs das Wissen um die Notwendigkeit der Mahnung in der Gegenwart.

Malen bedeutete auch die permanente Auseinandersetzung mit sich selbst und mit seiner Stellung innerhalb der Gesellschaft. Selbstreflexion und gesellschaftliche Verantwortung stellten die Bedingungen für Meyers Kunst dar, die ihm eine innere Notwendigkeit bedeutete: "Ich male nicht, weil ich will - sondern weil ich gestalten muß, was ich weiß."

In einem zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlichten und undatierten Text, den er mit dem Titel "Das Problem der ,Moderne' in der jeweiligen Gegenwart" überschreibt, setzt er sich mit der Frage auseinander, "auf welche Weise sich die Stellung des Künstlers im Angesicht und der Auseinandersetzung mit der modernen Gesellschaft verändert und wie sich für ihn selbst die Aufgabe und persönliche Identifikation des Künstlers definiert."

Meyer setzt Kunst und Wissenschaft gleich, indem er sie als kritische und schöpferische Erkenntnissuche, basierend auf den "Schultern uralter Weisheiten", definiert. Erst diese Suche garantiert die "geistmäßige Weiterexistenz" der Gesellschaft. Da beide, der Künstler wie der Wissenschaftler, nicht die Aufgabe haben, "gewünschte Bedürfnisse zu befriedigen", sind sie einer gewissen Opferbereitschaft und dem Verzicht auf existenzielle Sicherheit unterworfen. "Diese Bereitschaft von ,moderner' Kunst und Wissenschaft ist aber kein Bereitsein zum Zerbrechen der bürgerlichen Ruhe und Wohlanständigkeit, ist nicht revolutionär und Ungläubigkeit, sondern die tiefste Gläubigkeit der Zu-finden-Hoffenden an die Gnade eines großen Geistes, der die Gefahren des Beharrens für die Menschen durch die Menschen beseitigen läßt, die er mit Mut und eigenem Schöpferischen ausgestattet hat - [...] - damit das Sinn erhält, was er für die menschlichen Belange geschaffen hat. [...] Religionen, Weltanschauungen, geistige Erkenntnisse und Gefühlsvermögen ändern und entwik-keln sich, ewig gleich bleibt sich nur der mutige Glauben der Künstler und Forscher immer wieder in die Wunder neuer Räume vorzustoßen und darin liegt die Tiefe der Religiosität, die die Kausalität der Evolution ist."

Geprägt u.a. durch die Ideenwelt seines Lehrers Max Beckmann, der die schöpferische Kraft des Künstlers in den Dienst einer neuen Gesellschaft gestellt wissen will12, entwickelte Meyer seine Bildwelt, die als Spiegel der eigenen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und einer existenziellen Suche nach "Wahrheit" zu verstehen ist. Seine Bilder - formal oft hermetisch gebunden, reduziert und abstrahiert - reden eine Sprache, die den Betrachtenden zur Auseinandersetzung zwingt. Vergangenheit und Gegenwart, politische Realität und die Schönheit eines landschaftlichen Details zeigen den unerschrockenen Blick des Künstlers auf die menschliche Existenz und dessen In- der-Welt-sein.

Die hier in groben Zügen umrissene Biographie Meyers und seine künstlerischen Prinzipien sind exemplarisch für einen Teil jener Generation junger Künstler, die an der Schnittstelle beider Jahrhunderte geboren wurde. Durch die tiefgreifenden Umwälzungen der industriellen Revolution, der Technik und Wissenschaften, und nicht zuletzt durch das schockierende Erlebnis des 1. Weltkrieges, war deren gesamtes Weltbild in Frage gestellt. Aufgewachsen in der scheinbaren Sicherheit des Wilhelminischen Reiches, wurden die jungen Männer im Inferno des 1. Weltkrieges mit einer Realität konfrontiert, die sie, wenn sie Krieg und Gefangenschaft überlebten, schockierte und traumatisierte und ihren künstlerischen Ausdruck prägte. Die Reaktionen auf diese Wirklichkeit waren so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Spätestens 1933 wird die erneute Blüte im Keim erstickt und die Arbeiten unzähliger Künstler verfemt, sie selbst als "entartet" mit Ausstellungs- und Malverbot belegt, teilweise verfolgt, zu Zwangsarbeit gezwungen und in den Konzentrationslagern "vernichtet". Einigen gelang es, in andere Berufe auszuweichen, sich aufs Land zurückzuziehen und so der Verfolgung zu entgehen - das nackte Leben rettend.

Durch Verfolgung, Vertreibung und die Bombardements der Siegermächte ging meist der gesamte künstlerische Ertrag - in diesen Fällen das gesamte Frühwerk - verloren. Hier wird deutlich, wie konkret das "Verschollensein" die Welt dieser Künstler prägte. Nach 1945 dauert das "Verschollensein" in subtiler Weise, in Form von Nichtbeachtung seitens der Kritik, fort. Im Siegeszug der Abstrakten, die in der ehemaligen Bundesrepublik als die neue, moderne, freie Kunst gefeiert wurde, bleibt eine "eigenständige", "deutsche", im Untergrund gewachsene und weiterentwickelte Kunst den Blicken der Öffentlichkeit weiterhin verborgen.

Die Theorie vom "Vakuum der Stunde Null" und eine damit assoziierte Bindungslosigkeit und fehlende Vorstellungskraft einer avantgardistischen Kunst in Deutschland schließt alle Formen der Kontinuität aus.

Wie die Forschungen Zimmermanns auf dem Gebiet der Malerei und zahlreiche Einzeluntersuchungen zur deutschen Nachkriegskunst belegen, gab es, vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus, eine Reihe von Künstlern, die konsequent und folgerichtig an den gewonnenen Freiheiten der Kunst, wie sie zu Beginn des Jahrhunderts gewonnen wurden, festhielten und weiter arbeiteten. Es gibt die Geschichte, die Tradition und somit auch die Kontinuität. Ausgehend von der Erkenntnis, dass neben der sog. "abstrakten" Kunst eine Vielzahl künstlerischer Ausdrucksformen sich aus verschiedenen Gründen zwar nicht etablieren konnten, jedoch vorhanden und von den Künstlern kontinuierlich weiterentwickelt wurden, kann diese, mit Ausschließlichkeit formulierte These nicht aufrecht erhalten werden.

Das persönliche Schicksal der Künstler, die Verluste von Kunstwerken und die damit verbundenen Verluste an kulturellen und geistigen Werten sollen nicht in Frage gestellt werden. Die Verbindung zum Ausland und die sich dort ereignenden künstlerischen Prozesse waren unterbrochen. Dennoch arbeitete die Mehrzahl der Künstler - oft unter den schwierigsten Bedingungen - weiter: "Welche Feuerprobe für ein Gewissen, für die Stichhaltigkeit der Argumente, für die Kraft der künstlerischen Überzeugung, [...] gegen die jeweilige Strömung, [...] ohne Konzession."

Während der 50er und 60er Jahre, als der Streit um die "moderne" Kunst im Nachkriegsdeutschland seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte, bleibt ein großer Teil der deutschen Künstler - ein weiteres Mal - ihrer Kunst treu. Die Vorurteile, die einer der "Tradition" verhafteten Kunst nach 1945, insbesondere in Deutschland anhaften, sind nicht zu leugnen. Der international orientierte Kunstmarkt registrierte diese Werke als rückständig, konservativ oder sogar reaktionär.

Der Begriff "traditionell" scheint innerhalb der Kunstgeschichtsschreibung als Maßstab für "richtig" oder "falsch" gebraucht zu werden. Es herrscht die Überzeugung vor, dass die Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert ein ununterbrochenes Fortschreiten hin zur Abstraktion sei, an dessen Ende das von allem Ballast der Gegenständlich befreite Kunstwerk stehe. Gleichzeitig werden all jene Tendenzen geleugnet, die sich gerade im besonderen Klima der ereignisreichen Periode zwischen der Befreiung und der Gründung beider deutscher Staaten, dem vielversprechenden Versuch einer Neuorientierung und der politischen Verhärtung ideologischer Gegensätze zu etablieren versuchten. In den ersten Jahren nach Kriegsende behauptete sich eine Vielschichtigkeit des künstlerischen Spektrums wie es zuvor und danach nicht mehr zu finden ist.16 Ähnliche Polarisierungstendenzen, wie sie im Nachkriegsdeutschland zwischen der sog. "abstrakten" und der sog. "gegenständlichen" Kunst hergestellt wurden, sind auch heute noch, mehr als zehn Jahre nach der "Wende" im "Ost-West-Gefälle" auszumachen, wenn zwischen der "Freiheit" der Kunst im Westen Deutschlands und der ndienstnahme und der damit assoziierten Unfreiheit der Kunst der ehemaligen DDR Qualitätsurteile ausgesprochen werden, die jedweder Grundlage entbehren. Andererseits werden die Grenzen des "Machbaren" überschritten, wenn es eine Ausstellung des Lieblingskünstlers Hitlers Arno Breker geben kann, die ohne didaktisch aufgearbeitetes Hintergrundmaterial auskommen kann und darf.

Martin Damus beschreibt die "Funktionalisierung" und "Ideologisierung" der sog. "modernen" Kunst als spezifisch deutsch. "Es ging weniger um die grundrechtlich garantierte Freiheit der Kunst selbst, als vielmehr um die Formulierung eines Kampfbegriffs, um die Absetzung sowohl gegenüber dem Nationalismus als auch gegenüber dem Sowjetkommunismus, besonders dem ostdeutschen Staat und seinem Kunstgebrauch."

Klaus Herding versucht, die "künstlerische Randsituation deutscher Nachkriegskunst" durch zwei vermeintlich einleuchtende Thesen zu erklären. Einerseits treten, laut Herding, die Künstler eine "Flucht aus der Gegenwart durch Rückgriffe auf die Zeit vor der Katastrophe" an, andererseits überzeugten sie durch die "moralische Geste" der "schieren Dokumentation der Ärmlichkeit", die jedoch "keine künstlerische Innovation bedeutet."

Aber: dieses "Epochenphänomen der Nachkriegszeit" stellt nicht nur einen Rückgriff auf eine bestimmte Formensprache dar, auf die Herding es reduziert, sondern in erster Linie den Versuch einer Rettung humanistischer Werte. Die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur und des 2. Weltkrieges hatte den Blick auf die Defekte der modernen Welt geschärft. Im "Untergrund des äußeren wie inneren Exils" nahm, laut Werner Haftmann, "die Entwicklung der modernen Kunst - die ja nicht eine mutwillige vom Zaun gebrochene flüchtige Stilbewegung war, sondern eine breit entworfene bildhafte Veranschaulichung des so radikal gewandelten zeitgenössischen Wirklichkeitsbewußtseins von europäischem, ja universellem Ausmaß - eine Dichte und Tiefe an, die die in Deutschland gewalttätig aufgerissenen Leerstellen mit neuen Inhalten und Formvorschlägen auffüllte."

Sehr viel präziser erklärt Zimmermann die verschiedenen Richtungen der modernen Kunst als Reaktionen auf die spezifische Befindlichkeit des modernen Menschen - nicht als Stile. Die Jahre unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg gehören wohl zu den turbulentesten des vergangen Jahrhunderts.

Die künstlerischen Tendenzen der zwanziger Jahre sind geradezu als Spiegel der vielschichtigen Einstellungen gegenüber Welt und Wirklichkeit zu deuten. Das Wiederaufleben dieser Tendenzen nach 1945 lässt, nach Zimmermann, "das Andauern einer verwandten Grundstimmung vermuten." Diese "Grundstimmung" oder "Grundhaltung" definiert Zimmermann als "Expressiven Realismus". "Die Begriffbezeichnung ,Expressiver Realismus' wurde gewählt, weil sie allgemein genug bleibt, um keine Stilgeschlossenheit vorzutäuschen, wo es sich nur um die Gemeinsamkeit einer künstlerischen Grundhaltung handelt."

Diese Grundhaltung zeichnet sich durch drei Merkmale aus. Erstens findet sie sich im Thematischen durch ein neues Verhältnis des Künstlers zur Wirklichkeit. Es ist weniger die durch Krieg und Zerstörung, gesellschaftliche Verschiebungen und moralische Verwerfungen gewandelte Wirklichkeit selbst, als der ernüchterte und ent-täuschte Blick auf dieselbe, die die Themen der Malerei bestimmen. Nicht ein bestimmter Ausschnitt der Wirklichkeit bleibt darstellungswürdig, sondern die Realität in Gänze. Das Wesen dieser Kunst äußert sich in der Synthese von Ich und Welt.

Zweitens ist diese Grundhaltung formal durch das Ziel gekennzeichnet, jeder Stilisierung auszuweichen und die lebendige Inspiration sprechen zu lassen. Und drittens zeichnet sie sich durch den metaphysischen Gehalt eines jeden Motivs aus. "Das leidenschaftliche Bemühen, die ganze Wirklichkeit zu erfassen, die für menschliche Sinne immer nur die Wirklichkeit des Menschen in dieser Welt sein kann, führt dazu, daß jedes Motiv - sei es der Natur, der Gesellschaft oder dem Menschenleben entnommen - zur Seinsverkündung wird, zur Enthüllung der Befindlichkeit des Menschen."

Das beginnende 21. Jahrhundert bietet eine erneute Chance, den Blick auf unsere Befindlichkeit zu wagen und mehr noch, ihn zu schärfen.